Ein paar Worte auf dem heutigen Senatsempfang anläßlich des 20-jährigen Jubiläums von 'Hamburg 1'

Direkt folgend auf so profesionelle Redner folgend wie Bürgermeister Scholz, vielen Dank dafür, für die Einladung auch an Bürgerschaftspräsidentin Veit, und Michael Schmidt, der das seit 20 Jahren vor der Kamera tut, aber nicht nur das, wäre mir nicht so leicht gefallen, deshalb vielen Dank auch für den eben gesehenen Einspieler – Liebe und verehrte Gäste,

meinen Gedanken zum 20-jährigen Jubiläum von Hamburg 1 möchte ich ein Zitat vorrausschicken:

»In einer elektronischen Informationsumwelt können Minoritäten nicht ausgegrenzt werden. Zu viele Menschen wissen zu viel voneinander. Unsere neue Umwelt zwingt uns zu Engagement und Teilnahme. Heute nehmen wir, ob wir wollen oder nicht, Anteil am Leben aller anderen und sind füreinander verantwortlich.«

Man könnte meinen, dies sei ein Ausspruch unserer Tage, aber ich zitiere hier den Medientheoretiker Marschall McLuhan aus seinem 1967 erschienenen Buch „The Medium is the Massage“, das eigentlich „The Medium is the Message“ geheißen hätte, wäre der Druckfehler von dem eigenwilligen Autor nicht als der gelungenere Titel autorisiert worden.

10 Jahre nach Einführung des Privaten Fernsehens standen wir vor der Aufgabe uns genau die im Zitat angesprochenen Gedanken zu machen: ,Nahsehen‘, also Programm aus der direkten Umwelt unserer Zuschauer, war damals neu und verlangte nach Innovationen.

Als hierfür besonders inspirierend galt der damals etwas exzentrisch wirkende Senderchef Moses Znaimer von CITY TV in Toronto. Normalerweise bekamen deutsche Interessenten nach einmaligem Besuch dort wegen Diebstahl geistigen Eigentums sofort Hausverbot, was mir nicht passierte. Allerdings erfuhr ich später, das hätte nur daran gelegen, weil ich meine damalige Lebensgefährtin Sandra Maahn mitgenommen hatte – die er wohl gut fand.

In recht zentraler Lage befand sich das Gebäude ‚Chum City‘, die Hamburg 1 dann im etwas profaner klingenden ‚Medienzentrum Rotherbaum‘ ebenfalls gefunden hat, an dessen Fassade ein Plakat auf die aktuellste Innovation aufmerksam machte: Mit geschulterter Kamera springt ein sogenannter VJ mit ausgestrecktem Mikrophon grade eilig über ein Hindernis.

Als ich einem 4-köpfigen Kamerateam eines Privatsenders kurz vor Sendestart den alles selber machenden Videojournalisten vorstellte, der Beitrag kursiert auf YouTube heute noch irgendwo rum, haben die 4 angesichts des blauäugigen und damals noch jugendlich wirkenden Mannes noch zustimmend gelächelt – die Gewerkschaften waren nach Ausstrahlung allerdings erzürnt und empört.

Es hat dann aus ganz anderem Grund diesen Typ des VJ nicht in Reinkultur gegeben: Die geeigneten Kameras hatten damals noch ein so hohes Gewicht, dass wir nur die kräftigsten Athleten hätten einstellen können, was sicherlich kein Garant für die besten Interviews gewesen wäre.

Aber das Prinzip war verankert und so hatten wir unsere Freude daran, als erste am Ort des Geschehens und als erste auf Sendung zu sein. Regelmäßig abgeklatscht wurde beispielsweise, wenn bei einem Hausbrand auf Hamburg 1 die Flammen noch meterhoch aus dem Gebäude schlugen und auf anderen Kanälen der Brandmeister um das Geschehen befragt wurde, während im Hintergrund die Schläuche bereits wieder eingerollt wurden.

„Näher dran“ war unser Credo und konnte als Werbeaussage auch jeder Überprüfung standhalten. Am liebsten waren und sind wir Live dabei, wie man ja letztes Wochenende zum Hafengeburtstag auch wieder erleben konnte.

Und was haben wir nicht alles probiert um unsere Programme zu finanzieren: Von Super-RTL bis zur Drittausstrahlung von Kirch Serien, von Sexy Clips, um wenigstens an den „Ruf mich an“ Telefongroschen zu partizipieren, über das nie zum Leben erweckte Volks-TV bis hin zur Astro-Show.

So richtig das in der Vergangenheit gewesen war, heute sind solche Programmangebote viel besser als Video-Stream im Internet angeboten. Und das stellt Hamburg 1 vor die Herausforderung, sich auf seine Kernkompetenz zu konzentrieren und sich nahezu ausschließlich über diese zu finanzieren. Hierfür bieten die technischen Veränderungen unserer Medienwelt eine große Chance.

Und da rückt wieder das Zitat von Marschall McLuhan ins Bewusstsein und wir übertragen lediglich das Wort ‚elektronisch‘ in das Wort ‚digital‘. Dabei fällt auf, dass heute nicht nur Menschen viel übereinander wissen, sondern auch Algorithmen, also Maschinen.

Noch etwas naiv gebärdet sich die künstliche Intelligenz in den sozialen Netzwerken: Habe ich grade die Selfies von einer Freundin mit zurückgewonnener Bikinifigur aus einem Urlaubsparadies mit ‚gefällt mir‘ versehen, brauche ich mich nicht wundern bei meinem nächsten Besuch plötzlich lauter Badenixen angeboten zu bekommen. Nicht weil in meinem Freundeskreis plötzlich ‚ weniger ist mehr‘ zum Trend erhoben wurde, sondern weil der Algorithmus glaubt, mir könne das auch gefallen. Habe ich einen Freund dann darauf hingewiesen, dass sein Kommentar zu Todenhöfers Post etwas über das Ziel hinaus geschossen ist, bekomme ich natürlich Matusseks 3 Tage alte Meldung serviert, zu der ich ja auch eine Meinung haben könnte. Ich durchschaue natürlich, dass mein kostenloser Content von einem Zeitdiebstahlsystem angelockt werden soll und scrolle weiter, um zu entdecken, dass einer meiner Freunde nun gänzlich in der virtuellen Realität angekommen ist und einen Beitrag des Postillion für bare Münze genommen hat.

Bewege ich mich aber außerhalb eines Netzwerks auf den News-Seiten von Google, Bing, MSN oder Yahoo und Co, dann ist selbst einem Medienprofi wie mir absolut schleierhaft nach welchen Kriterien die Nachrichten angeboten und wie sie gewichtet werden.

Der Blick auf den Absender einer Meldung wird also zur künftigen Medienkompetenz gehören und inzwischen weiß auch mein facebook-Freund, dass der Postillion ein Satiremagazin ist.

Das gibt dem in 20 Jahren entstandenen Markenwert von Hamburg 1 eine neue Bedeutung.

Natürlich kann sich Hamburg 1 in diesem veränderten Medienumfeld nicht mehr ausschließlich als linearer TV-Sender verhalten. Die Überlegenheit des Bewegtbildes in der Informationsvermittlung, also die Kompression auf ein authentisches Bild, zeitgleich erläuterndem Ton, erklärender Texteinblendung und womöglich veranschaulichender Grafik, ist immer schon ein Effizienzvorteil gewesen und wird mit den stetig wachsenden Kapazitäten des Breitbandes auf allen digitalen Medien entsprechend zunehmen. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit digitaler Daten gewährt heute nicht einmal mehr dem Radio einen wahrnehmbaren zeitlichen Vorsprung und mit den neuesten Kameramodellen würde ich sogar eine zierliche Person über ein Hindernis springen lassen, ohne gleich an die Versicherung denken zu müssen.

Die Freiheit der Nutzer auf Medieninhalte nach ihren zeitlichen Vorgaben zugreifen zu können und dabei auch die Wahl des Screens, ob mobil oder stationär, treffen zu können, wird unserem Selbstverständnis von ‚näher dran‘ in Zukunft völlig neue Arbeitsweisen abverlangen.

Vor dem Hintergrund einer 20-jährigen Geschichte als Programmanbieter in einer, auf einige Regierungshauptstädte Europas direkt folgenden größten Stadt und damit einem sehr bedeutendem Wirtschafts- und Kulturstandort, haben wir Eigner die hierfür zu tätigenden

Investitionen für Technik und Technologie bewilligt und unseren Geschäftsführer Michael Schmidt mit den Verhandlungen beauftragt.

So sehr Sie Hamburg im Herzen tragen, künftig sollen Sie Hamburg immer bei sich wissen und jederzeit sowie allerorts auch sehen können.

Ich bedanke mich bei der Politik in den manchmal schwierigen Phasen nicht nur ein offenes Ohr gefunden, sondern auch engagierten Beistand erfahren zu haben, bei der Wirtschaft für ihr Vertrauen in unsere Leistungsfähigkeit und Kreativität und bei unseren Mitbewerbern für die zunehmende Ausgestaltung fairer Wettbewerbsbedingungen.

Ganz im Sinne der von McLuhan angesprochenen gegenseitigen Verantwortung wünsche ich uns Allen eine weiterhin gedeihliche Zusammenarbeit– herzlichen Dank.