2 Fragen zu G20, die auch ein Sonderausschuss nicht klären wird oder vielleicht gar nicht klären will

1. Warum Hamburg als Austragungsort des G20 Gipfel?

Es kämen nur Hamburg, Berlin, München und Köln in Frage, hat Olaf Scholz gestern vor dem Sonderausschuss der Hamburger Bürgerschaft ausgesagt. Aber beispielsweise Sylt verfügt über 60.000 Gästebetten und weniger als 18.000 Einwohner, die hätten Einschränkungen in Kauf nehmen müssen. Zugang ausschließlich per Flugzeug/Helikopter oder Schiff und über den Hindenburgbahndamm. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Familienvater mit einem Laserpointer Hubschrauber auf Abstand bringen würde, wäre deutlich geringer als in einer Millionenstadt (nur um die bisher schwerste bekannte Anklage als Beispiel anzuführen). Ich bin kein Polizeistratege, aber welche Alternative zu Hamburg als Austragungsort diskutiert worden ist, wird auch durch diese Vernehmung öffentlich nicht bekannt, außer dass die Entscheidung für Hamburg getroffen wurde. Alle diesbezüglichen Äußerungen führender Politiker, es ginge nur in einer Großstadt, sind schon mit diesem kleinen Gedankenspiel ad absurdum geführt. Behalten wir den Humor und betrachten das zweite Argument: es sei Helmut Schmidt zu Ehren. Das leitet mich zur nächsten Frage:

2. Welche Legitimation hat G20 eigentlich?

Gegen informelle Treffen gibt es nichts einzuwenden, im Gegenteil, sie sind eigentlich sehr zu begrüssen. Zitat Steinbrück über die ersten Gipfel: ““Schmidt favorisierte den kleinen Kreis, er schätzte vertrauensbildende Maßnahmen, entspannt und möglichst ohne Schlips, höchstens noch mit je einem Berater im Hintergrund.“ Schmidt selbst gab über den ersten Gipfel später selbst zu Protokoll: „Das Schloss war angenehmerweise nicht allzu geräumig, die Konferenz fand in einem kleinen Saal statt. Die Zimmer der Chefs lagen eng beieinander, aber Presse und Fernsehen waren außerhalb des Parks, das heißt weit weg. Valéry hat es verstanden, eine nachbarschaftliche, freundschaftliche Atmosphäre herzustellen.“ Dass der Gipfel zu seinen ‘Ehren’ in Hamburg mit 6.000 Sherpas, 3.000 Journalisten (ganz unabhängig von ungerechtfertigten Akkreditierungsentzügen) und fast 30.000 Polizeibeamten durchgeführt würde, erledigt sich als ‘Argument’ für den Hamburger Gipfel unter diesem Gesichtspunkt wohl von selbst.

Dazu meine Meinung:

Ohne eine politische Einordnung der Vorkommnisse kann zumindest ich die vielfachen Äußerungen unseres Bürgermeisters absolut nicht nachvollziehen – Schade, dass er dazu keine Stellung bezogen hat und noch trauriger, dass er danach gar nicht gefragt wurde.
Tatsächlich hat eine ungeheure Machtdemonstration der wohlhabenden Staaten stattgefunden. Eine ganz klare Demontierung der Vereinten Nationen, die nur als Zaungast hinzugeladen waren. Menschenrecht und alle weiteren Ideale der UN-Charta sollten ausgeklammert sein, es sei ja schließlich ein informelles Treffen ohne verbindliche Beschlüsse. Dieser Hamburger G20 Gipfel kann und muss als Umgehung der Vereinten Nationen angesehen werden, zum Einen, weil nur dort verbindliche Absprachen getroffen werden können, und zum Anderen, weil die Verhältnissmässigkeit des Aufwands total aus dem Ruder gelaufen ist. Was wir hier erlebt haben war kein informelles Treffen mehr.
‘Wenn man im Glashaus sitzt soll man nicht mit Steinen schmeißen’ sagt ein Sprichwort, welches mir grad Kommentierungen schwer macht. Aus meiner Sicht haben die Medien in der damals aktuellen Situation einen guten Job gemacht – wir konnten alle Zeuge werden. Worüber jedoch jetzt berichtet wird (allerdings auch journalistisch einwandfrei) hat nichts mehr mit dem G20 Gipfel an sich zu tun. Die Journalie tut im Augenblick so, als seien die oppositionellen Kräfte im Parlament oder der Bürgerschaft vertreten. Dem ist aber nicht so und es war nie so. Deshalb muss journalistische Objektivität eingefordert werden, auch die andere Meinung zu Wort kommen zu lassen. Das geht grade im ‘Tagesgeschäft’ ziemlich unter und verzerrt das Bild der Ereignisse.
Mir ist klar, dass ich mit dieser Stellungnahme so manchen Widerspruch provoziere. Trotzdem oder deshalb bitte ich darum kurz innezuhalten und unsere gesellschaftlichen Ideale zu überprüfen, bevor losgepoltert wird. Haltung ist gefragt. Es geht doch erst ums Große, das Bestimmende, das Herrschende – dann kann ich die anderen Aktionen einordnen und bewerten. Zur Zeit geht’s leider nur ums Letztere – und so isoliert betrachtet laufen wir grade Gefahr als rechtsstaatliche Gesellschaft die Verlierer zu sein, gradezu zu kapitulieren und die Sippenhaft neu einzuführen: http://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/G-20-Verfahren-ueberfordert-ein-junger-Italiener-die-Hamburger-Justiz-,gzwanzig312.html

Ja, G20 war krass, aber was an Aufarbeitung folgt ist es auch.